Eine Forscherin mit Leib und Seele
Dem Deutschen Spielzeugmuseum wurde die große Ehre zuteil, sehr wertvolle und seltene Objekte des Nachlasses der Puppenspezialistin Antje Lode aus Berlin zu übernehmen. Die Schenkung umfasst 33 Porzellanpuppen – darunter in ihrer Qualität einzigartige Charakterpuppen der Firma Kämmer & Reinhardt aus Waltershausen, acht Skulpturen des Berliner Bildhauers Arthur Lewin-Funcke sowie Forschungsmaterial und Fachliteratur.
Zusätzlich erhielt das Museum eine großzügige Geldspende, um im Lesesaal der Bibliothek das Antje-Lode-Archiv und Sammlung „Kunst und Puppe“ einzurichten. Am Vormittag des 09. Mai 2024 wurde dieses im Rahmen des Internationalen PuppenFestivals und im Beisein der Erben feierlich eingeweiht. Gemäß dem letzten Wunsch von Antje Lode wird ihre wissenschaftliche Arbeit nun im Deutschen Spielzeugmuseum bewahrt und öffentlich zugänglich gemacht. Die seltenen Charakterpuppen zogen derweil an die entsprechende Stelle im Puppensaal der Dauerausstellung ein und geben dort der Puppenreform, die den ersten Schritt zur Entwicklung der kindgerechten Spielpuppe markiert, einen breiteren Raum.
Der Forschungsapparat von Antje Lode im Lesesaal des Deutschen Spielzeugmuseums bietet Interessierten die Möglichkeit, in die Geschichte der Puppenkunst einzutauchen. Der Lesesaal steht zu den Öffnungszeiten der Bibliothek nach Voranmeldung zur Verfügung oder kann nach Vereinbarung genutzt werden.
Tauchen Sie ein in die faszinierende Welt der Charakterpuppen und entdecken Sie spannende Informationen und neu erforschte Hintergründe.
Puppen mit Charakter
Antje Lode hatte im Jahr 2009 die Sonderausstellung „Künstlerpuppen – Puppenkünstler. Die Münchener Puppenreform im Spiegel der Sammlungen des Deutschen Spielzeugmuseums“ kuratiert und ihr Buch „Skulptur und Puppe“ herausgebracht. In ihren kulturwissenschaftlichen Forschungen widmete sich Antje Lode den sogenannten „Charakterpuppen“ der Firma Kämmer & Reinhardt in Waltershausen. Diese hatte 1909 eine Idee von Münchner Künstlern der Reformbewegung für die industrielle Serienproduktion umgesetzt: Puppen sollten nicht mehr wie herausgeputzte, „ideale“ Kinder der höheren Gesellschaftsschichten aussehen, sondern wie Kinder von der Straße mit individueller, emotionaler Mimik. In der Folge entstanden hochwertige Porzellankopfpuppen mit ausdrucksstarken Gesichtern, die nach den Vorbildern lebender Kinder gestaltet wurden. Wer der Modelleur der Puppen gewesen ist, blieb lange im Dunkeln. Es ist Antje Lode zu verdanken, dass sie die Verbindungen zwischen Kämmer & Reinhardt und dem Berliner Bildhauer Arthur Lewin-Funcke aufgedeckt und umfassend erforscht hat.